< ^


Letzte Nacht träumte mir – und es gibt keine Worte, die das wiedergeben können –, dass ich mit Kerstin in einem leeren Bus fuhr. Ich war der Fahrer. Wir wollten ins Theater. Ich wuss-te nicht, wo wir parken sollten, hielt den Bus auf einem Bürgersteig an, fand erst nicht die Bremse zwischen unzähligen Fußpedalen. Dann stiegen wir aus. Da war plötzlich ein Wä-gelchen, auf dem zwei große Kartons mit Sichtfenstern standen, in denen viele gute Sachen zum Essen waren, Yoghurt, Kuchenteilchen, Fleischstücke in Pralinenschachteln, ein Glas Dicke Bohnen. Fußgänger kamen vorbei, und ich bot ihnen etwas an. Sie nahmen so viel, wie sie tragen konnten. Ich hatte Angst um meine Fleischpralinen und die Dicken Bohnen, die wollte ich unbedingt behalten. Später brachte ich die Reste, es war noch genug übrig geblieben, wie einen Schatz in den Bus. Dann befand ich mich plötzlich auf einem Science-Fiction-Gelände, es war eine sternklare Nacht, so klar wie ohne Atmosphäre, und ich sah einen Mann in einem Raumanzug in einem Raumgefährt sitzen. Der Mann brach durch ein Fenster im Raumschiff, eine Art Windschutzscheibe, die in tausend Stücke zerbarst, ohne dass sie den silbernen Anzug zerschnitt. Der Mann war ich. Ich ging auf einem breiten Förderband gegen den Strom, und ein Ding wie ein Schneeschieber, der auf dem Band befestigt war, kam mir entgegen. Ich sprang vom Band und ging weiter über das Gelände. Man hatte anscheinend meine Flucht noch nicht bemerkt. Dann war mir, als hätte man sie doch bemerkt, aber es gab eigentlich keine Hinweise dafür, es war nur so ein Gefühl. Ich begann zu laufen, meine Schritte wurden immer raumgreifender bis ich schließlich abhob und das Gelände immer tiefer unter mir lag. Ich flog. Es war ein herrliches Gefühl. Ich bewegte mich mit Schwimmzügen voran, ein kräftiger Zug mit den Armen, und ich flog wieder eine Weile. Unter mir sah ich Science-Fiction-Arbeiter sich versammeln, sie lenkten Flammenwerfer auf mich, aber was bei mir oben ankam, war nur heiße Luft, die meinen Anzug nicht gefährden konnte. Ich flog weiter. Sie versuchten mich noch einige Male mit dem Flammenwerfer zu erwischen, aber ohne Erfolg, und dann ließ ich das Gelände hinter mir und flog über Land, kultiviertes Land, Wiesen, Felder und Wald. In der Luft hörte ich ganz weit hinter mir Geräusche. Sie waren mir auf den Fersen. Schließlich kam ich an ein Dach, das sich unter mir krümmte, sich meiner Flugrichtung anpasste, ich hielt auf es zu, es kam näher, wurde immer länger, war fast wie eine Landebahn und hielt sich immer parallel zu meiner Flugbahn, bis ich mit ein paar lässigen Schritten Boden unter die Füße bekam. Dann wurde das Dach zu einem wirklichen Dach mit Ziegeln und Seitenwänden. Ich glitt in eine Ecke und hob dort die Dachziegel an, sie waren aus Plastik und irgendwie miteinander verbunden, eine Art Plastikdeckendach, und ich brachte eine Öffnung zustande und ver-steckte mich dort. In der Luft war ein Geräusch wie von Funkverkehr im Äther, ich wurde also verfolgt. Schließlich kamen Kinder in meine Öffnung, ich zog die Dachdecke, die wie ein wächsernes Tuch war, über mich, zerrte und zerrte, so dass die Decke Risse bekam. Ich wollte nicht, dass die Kinder mich sahen, aber eines – sie schienen sich auch dort zu verbergen – hatte mich gesehen und machte große Augen. Dann gelangten wir immer tiefer in das Haus hinein und waren schließlich im Keller, und ich hatte mich mit den Kindern angefreundet, und die Eltern entdeckten uns schließlich, sie waren wie aus einem Comic herausgestanzt. Ich befürchtete, ich wäre jetzt entlarvt, aber irgendwie ging ich als Freund der Kinder durch, der Raumanzug war weg, und ich unterschied mich von ihnen nur durch meine großen Füße, die etwas unförmig aus den Hosenbeinen herausragten, sicherlich waren sie mehr als einen halben Meter groß. An der Ferse waren sie noch ganz normal, aber dann wurden sie desto ausufernder und unförmiger, je weiter es Richtung Fußspitze ging. Am Fuß sollst du ihn erkennen. Ich musste über meine Füße so lachen, dass ich aufwachte.

Lavaur Delbos, in der Nacht vom 17. auf den 18. August 2010

(119 x 100 cm)